Das Milgram-Experiment gilt als eine der berühmtesten sozialpsychologischen Untersuchungen. Es zeigt uns deutlich, wie schonungslos grausam die meisten Menschen sein können, wenn sie sich in einem strikten Schema von Befehl und Gehorsam befinden. Eindrücklich schildert uns Stanley Milgram, wie Durchschnittskandidate ihnen unbekannte Menschen quälen und foltern. Wer an das Gute im Menschen glaubt und auf humanitäre gesellschaftliche Fortschritte hofft, wird schockiert sein, wissenschaftlich untermauert zu bekommen, worüber wir uns zum Beispiel bei Nachrichten aus modernen Kriegen doch immer wieder wundern: Menschen sind bereit, sich diametral entgegen ihren eigenen Wertvorstellungen zu verhalten, wenn dieses belohnt beziehungsweise klar autoritär gefordert wird.
Drei Viertel der Durchschnittsbevölkerung können durch eine pseudo-wissenschaftliche
Autorität dazu gebracht werden, in bedingungslosem Gehorsam einen ihnen
völlig unbekannten, unschuldigen Menschen zu quälen, zu foltern, ja zu
liquidieren. Dieses Ergebnis einer sorgfältig vorbereiteten und kontrollierten
Testreihe löste in der Welt ungläubige Betroffenheit und oft auch erbitterte Proteste aus. In
diesem Buch stellt Milgram die Voraussetzungen, Methoden, Resultate und
Interpretationen seines berühmten Experiments umfassend dar. Gerade weil sich der Bericht auf nüchterne Fakten beschränkt und bewußt
auf emotional gefärbte Bewertungen verzichtet, entsteht die Alptraum-Realität von Kafkas 'Strafkolonie'. Wer
an das Gute im Menschen glaubt und auf demokratisch-humanitäre Fortschritte
hofft, wird durch Milgrams Befunde desillusioniert werden. Wer aber glaubt, daß es nicht nur darum geht, den Menschen zu verurteilen, sondern
vielmehr darum, ihn zu verstehen, dem erschließt das Milgram-Experiment
einen bisher noch dunklen Bereich der menschlichen Natur.