Die Geschichte der Industrialisierung wird in der Regel als Geschichte von Pionieren und Unternehmen erzählt. Es ist bekannt, dass Uhren und Textilien zu den Schweizer Exportschlagern des 19. Jahrhunderts gehörten und sich aus der Textilindustrie die Maschinen- sowie die Farben- und die chemische Industrie entwickelten. Aufgrund der Wasserkraft siedelte sich die Industrie mit Vorliebe an Flüssen an, die neben der Lieferung der benötigten Energie auch zugleich als Transportweg und Abfallgrube dienten. Hingegen wissen wir erstaunlich wenig darüber, wie sich die Industrialisierung vor Ort konkret auf die Menschen und ihre Umwelt ausgewirkt hat. Es gibt nur wenige Untersuchungen, die sich mit den Schattenseiten der Industrialisierung befassen. Dies holt Claudia Aufdermauer mit diesem Buch nach. Sie schreibt damit eine Umweltgeschichte der Industrialisierung mit Fokus auf das 19. und frühe 20. Jahrhundert - und ihren Auswirkungen bis heute.
Der Kalte Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA prägte die Weltpolitik während fast eines halben Jahrhunderts. In der neutralen Schweiz, die fest auf der Seite des Westens stand, war dieser Krieg kälter als anderswo. Der Feind, der mit Atombomben drohte und die Schweiz kommunistisch zu unterwandern suchte, sass in Moskau. Die Folgen dieser Imagination waren: ein rabiater Antikommunismus, ein ausgreifender Staatsschutz, die allumfassende Vorbereitung auf einen Atomkrieg und die Entwicklung eigener Atomwaffen. Kaum ein anderes Land lebte den Kalten Krieg so intensiv wie die Schweiz. Thomas Buombergers Studie schildert erstmals, wie sich der Konflikt der Supermächte auf die Schweizer Politik und Gesellschaft auswirkte. Seine Mentalitätsgeschichte lässt die Stimmung der Zeit anhand vieler Beispiele aufleben und zeigt, wieso sich die Schweiz während Jahrzehnten in einem Zustand der Paranoia befand.
Das Buch erzählt die bewegte Familiengeschichte des Berner Patriziers Niklaus von Steiger (1933-1919), dessen Vorfahren nach der Französischen Revolution nach Russland auswanderten und am Zarenhof in bedeutende Positionen gelangten. Während des Ersten Weltkriegs gerieten sie in die Wirren der Oktoberrevolution und flüchteten über Odessa und Konstantinopel zurück in die Schweiz. Niklaus von Steiger selbst verbrachte seine Jugend im Waisenhaus der Burgergemeinde Bern, wurde Bankier und gründete in den 1960er-Jahren zusammen mit seinem Vetter Sergius Golowin, mit Franz Gertsch und Zeno Zürcher den legendären Kulturkeller Junkere 37. Inga Häusermann hat Niklaus von Steiger in langen Gesprächen befragt und packt den Stoff in eine biografische Erzählung, in der Erleben und Erinnern verschwimmen und sich zu einem Lebensroman verdichten. Roter Faden ist ein Spaziergang durch die Berner Altstadt, der mannigfaltige Bezüge zur mehrhundertjährigen Geschichte der von Steigers hervorbringt.
«Ich liebte ihn leidenschaftlich», schreibt Jakob Rudolf Forster 1877 in sein Notizheft «Meine Geliebten». Der 1853 im Toggenburg geborene Forster ist wohl der erste Mann in der Schweiz, der es wagte, sich offen als «Urning» zu bekennen - so nannte man damals Homosexuelle. Er wurde denunziert, mehrfach verurteilt und weggesperrt. Doch er blieb standhaft. 1898 publizierte er eine Schrift, in der er sein Schicksal schilderte. Davon ausgehend und auf der Basis von Prozessakten, psychiatrischen Gutachten und weiteren Zeitdokumenten betten Philipp Hofstetter und René Hornung Forsters Geschichte in den historischen Kontext ein. Sie zeigen auf, wie gleichgeschlechtliches Begehren von Juristen verurteilt und von Ärzten pathologisiert wurde. Die fast unglaubliche Biografie eines Vorkämpfers für gleiche Rechte.
Zum 100-Jahr-Jubiläum der legendären Rezeptsammlung von Elisabeth Fülscher blickt dieses Kochbuch zurück in die Geschichte unserer Esskultur. Es bietet einen reichen Fundus von an die heutige Zeit adaptierten Originalrezepten zum
Nachkochen und ist ein Must-have für alle Fülscher-Fans.
Elisabeth Fülscher aktualisierte ihre umfassende Sammlung immer wieder. Nun nimmt «Fülscher heute» den Faden auf und spinnt ihn weiter zu einem Buch, das zum Lesen und Kochen anregt. In 15 Kapiteln wird die Kochwelt von damals an unserem Bezug zu kulinarischen Themen gespiegelt. Acht Autorinnen und Autoren erzählen in Essays, weshalb der Mann im «Fülscher» fehlte, was als gesund galt oder inwiefern sich unser Verhältnis zum Tier wandelte. Zu jedem Thema kochte Herausgeberin Susanne Vögeli die Rezepte neu und passte sie an heutige Gewohnheiten an. Dazu erzählt sie schnörkellos und inspirierend von ihren Beobachtungen und Erfahrungen. Mit Texten von Elisabeth Bronfen, Nadine Brügger, Daniel di Falco, Samuel Herzog, Olivia Kühni, Walter Leimgruber, Daniela Müller und Denise Schmid. Illustriert von Silja Dietiker.
Das Tessin ist ebenso spröde Transitlandschaft wie eine der schönsten Regionen Europas. Es liegt peripher am Südrand der Schweiz, ist aber auch Teil des Metropolitanraums Mailand/Lombardei. Offenheit und Abgrenzung bestimmten den Kanton seit Jahrhunderten. «Grenzland Tessin» beschreibt die wichtigsten Entwicklungen von 1945 bis heute. Ob in Wirtschaft, Verkehrsinfrastruktur, Politik oder Kultur - prägend waren atemberaubende Fortschritte wie auch Missverständnisse und verpasste Chancen.
Der Autor beleuchtet den Kanton von innen und zeigt die wechselhafte Beziehungsgeschichte zum Rest der Schweiz. Entstanden ist ein facettenreiches Buch, das von weit mehr erzählt als vom Sehnsuchtsort mit Palmen unter südlicher Sonne. Das unterstreichen die Fotos des renommierten Tessiner Fotografen Alberto Flammer.
Eugen Huber (1849-1923) ist der bekannteste Jurist der Schweiz. Aus seiner Feder stammt das Zivilgesetzbuch (ZGB), das 1912 in Kraft getreten ist. Es brachte erstmals landesweit einheitliche Regelungen für zentrale Bereiche des privaten Lebens: Ehe und Familie, Eigentum und Erbschaft. Diese Themen betrafen heftig diskutierte Fragen der damaligen Zeit. Sie verlangten Stellungnahmen zur Agrarkrise, zur Frauenbewegung, zu sozialistischen Staatskonzepten und zur Energiegewinnung aus Wasserkraft. Die Autorin zeigt auf, welche Positionen Huber bezog und wie sich seine gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Vorstellungen im Gesetz niederschlugen. Sie schildert ausserdem taktische Schachzüge, mit denen Huber für seinen Entwurf kämpfte und die Schweizer Bevölkerung von der Wichtigkeit eines einheitlichen Zivilrechts zu überzeugen suchte. Hubers intensiver Einsatz war von Erfolg gekrönt. Das ZGB wurde vom Parlament einstimmig angenommen und im Ausland als Vorzeigemodell gefeiert. Insbesondere die Volkstümlichkeit des Gesetzestextes erhielt Zuspruch und Lob. Viele der von Eugen Huber geschaffenen Normen gelten bis heute unverändert weiter.
Alex Oberholzer, bekannter Filmredaktor und heute 69 Jahre alt, erzählt von seiner aussergewöhnlichen Kindheit. 1953 kam er mit Missbildungen an Hand und Fuss zur Welt. Im Jahr darauf erkrankte er an Kinderlähmung. Die folgenden zwölf Jahre erlebte der teilweise gelähmte Junge in der hermetisch abgeschlossenen Welt des Kinderspitals Affoltern, in der es fast nur Frauen gab: Frauen mit weissen Häubchen - liebevoll zugewandte ebenso wie unerbittlich strenge, die ihn faszinierten und prägten. Der Autor berichtet von Prothesen, Schienen und Korsetts, von Höhen und Tiefen und seinem ersten Kinoerlebnis. Alex Oberholzers Geschichte ist keine Anklage. Mit Verwunderung und Humor blickt der Autor aus heutiger Sicht zurück. Er berichtet auf berührende Weise von Kuriosem und pädagogisch Fragwürdigem. Und er sagt, dass ihn seine besondere Kindheit auch besonders stark gemacht habe. Mit einem Nachwort von Prof. Dr. Andreas Meyer-Heim, Chefarzt Kinder-Reha Schweiz, Universitäts-Kinderspital Zürich.
Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn (1837-1898) war zeitlebens eine europäische Prominenz, die interessierte und bis heute fasziniert. Zeitungsartikel, Zeitschriften, Filme, TV-Serien und Bücher berichteten immer wieder über die rebellische Kaiserin und festigten das Bild der exzentrischen Regentin. Im multimedialen Gewitter kam der Bezug zur Schweiz stets zu kurz. Sisi gefiel hier die Ursprünglichkeit der Natur, kombiniert mit der Distanz zum kaiserlichen Hof. Sie vertraute dem Land mehr als dem grossen Kaiserreich ihres Gatten. Immer wieder weilte sie in Bern, Zürich, Lugano oder auf der Rigi - oftmals inkognito. Als sie Sorgen plagten, liess sie Klosterfrauen in Trachslau für sich beten. Dass sie in Genf auf tragische Weise einem Attentat zum Opfer fiel ist zwar bekannt, aber kaum, dass sie bei der dortigen Bank Rothschild ihr Privatvermögen angelegt hatte. Michael van Orsouw erzählt in knappen anschaulichen Kapiteln über die Bezüge der Kaiserin zur Schweiz und ergänzt damit ihre Lebensgeschichte dank neuer Quellen und Dokumente um unbekannte Aspekte.
Die Gründer der Firma Abacus hatten keinen Plan, als sie in den 1980er-Jahren eine Softwarefirma starteten - ausser, dass sie nicht angestellt sein wollten. Seit 1984 haben sie konsequent alles anders als «die anderen» gemacht. Sie haben mit den Schultern gezuckt, als man sie im New-Economy-Hype zu Millionären machen wollte und sich immer wieder mit den «Grossen», seien es Behörden oder Konzerne, angelegt. Ihr Fokus lag auf den Mitarbeitenden und auf gutem Essen, gutem Wein, tollen Partys und Kultur. Und darauf, die beste Software zu entwickeln. Seit 1984 sind in der Schweiz immer wieder Software-Firmen gegründet worden und später wieder untergegangen. Multinationale Grössen wie Microsoft und SAP haben grossspurig angekündigt, den Schweizer KMU-Markt zu erobern - und sind gescheitert. Der Autor, selbst Insider, erzählt die aussergewöhnliche Geschichte von Abacus und der Schweizer Software-Industrie.
Das Fülscher-Kochbuch ist ein Standardwerk der Schweizer Küche. Wer ein Rezept oder eine Zubereitungsart sucht und nirgends findet, wird im Fülscher selten enttäuscht. Die erste Ausgabe des Werks erschien 1923, sie stammte von Anna Widmer. Elisabeth Fülscher betreute das Kochbuch nach dem Tod ihrer Mentorin weiter und gab weitere Ausgaben im Selbstverlag heraus.
Elisabeth Fülscher hat ihr Buch immer wieder angepasst. Mit der kommentierten Neuauflage wird diese Tradition fortgesetzt - so, dass das Original erhalten bleibt. Denn «das Fülscher» ist nicht nur ein Kochbuch, sondern auch ein wichtiges Zeitdokument. Es zeigt die Zubereitung von Nahrung im privaten Haushalt, die sparsame Verwendung und Rationierung von Lebensmitteln in den Kriegsjahren und den Wandel der Vorstellungen, was eine gesunde Ernährung ausmacht.
Die Kommentare sind Hinweise zu den Rezepten, Fachtexte zu aktuellen Kochtechniken und Essays zum Wandel der Koch- und Esskultur. Sie machen aus dem Werk von Elisabeth Fülscher nicht nur ein zeitgemässes Kochbuch, sondern auch ein Lesebuch zur Kultur und Geschichte des Kochens und Essens in der Schweiz.
Die Ems-Chemie ist eines der bekanntesten Industrieunternehmen der Schweiz und der wichtigste private Arbeitgeber in Graubünden. Ursprünglich hiess sie Holzverzuckerungs A.G. und war ein Kind der Kriegswirtschaft. Mit öffentlichen
Mitteln gebaut und betrieben, stellte sie Ersatztreibstoff aus Holzabfällen her. Als Benzinimporte nach dem Krieg den teuren Treibstoff überflüssig machten, räumte der Bund dem Emser Werk eine subventionierte Übergangsfrist ein. Bis 1955 musste es sich am Markt positionieren - oder dichtmachen.
Die waghalsige Transformation zu einem rentablen Chemie-Unternehmen steht im Zentrum dieses Buches. Dank hartnäckiger Recherchen kann die Autorin zeigen, wie Firmengründer Werner Oswald mithilfe deutscher Berater und Spezialisten mit NS-Vergangenheit eine Kunstfaserproduktion aufbaute. Um neue Absatzmöglichkeiten für den Treibstoff zu schaffen, stieg er auch ins Waffengeschäft ein. Ingenieure aus Peenemünde, dem Geburtsort von Hitlers «Wunderwaffe» V2, entwickelten in Ems eine Rakete, andere konstruierten Zünder und Minen, während Schweizer Chemiker an einer Napalm-Variante tüftelten, die später in Kriegen in Burma, Indonesien und im Jemen eingesetzt wurde.