Verschrobene Gestalten bevölkern diesen "totalen Roman": einsame Sucher, fiebrige Träumer, verkrachte Existenzen, geborene Eskapisten. Da ist Maucun, der Junge, der davon träumt mit seiner geliebten Gans gen Westen zu fliegen, bis ihm eine junge Spionin vom Himmel vor die Füße fällt. Der Tote im Berliner Rosengarten, dessen rätselhafte Spuren den Ermittler Teresius Skima durch ein Netzwerk von Buchhandlungen in ganz Europa zu einem abgeschotteten Superstaat führen. Oder Oleg Olegowitsch, ein Misanthrop aus Minsk, der den Sprachen abgeschworen hat und eine neue erfindet: Balbuta. Seine geheime Liebste, die er hegt und pflegt. Sie alle graben, schürfen tief und träumen sich zugleich federleicht, entdecken Geschwister im Geiste, fallen aus der Zeit, überwinden Grenzen. Aber immer lauter bellen die Kettenhunde - in Berlin, Prag, Paris, Vilnius, Minsk ... Alhierd Bacharevics großer europäischer Vorabend-Roman erspürte schon 2017, was uns hier erst allmählich zu dämmern beginnt. In Belarus ist der Roman inzwischen verboten.
Nora Gomringers »Sprechtexte« sind lebendige Literatur, ein Erlebnis. Ihre bildmächtigen Kleinode voller Witz und Lakonie sprechen Leser und Hörer direkt an und überraschen mit großer sprachlicher Vielfalt. Nora Gomringer erzählt vom Fragenstellen und Gedankenmachen, vom Lieben und Zerzaust-Sein, vom Loslassen und Aufbrausen.
Der Dichter als Lieferant abrufbarer Stimmungen ... so versteht sich Nora Gomringer nicht. Was die Lyrikerin neben der Poesie so umtreibt, kann man diesem heiteren und doch profunden zweiten Band Gomringers mit Texten und Reden entnehmen. Es geht um Freiheit und Fremdheit, Fernsehen und Kino, Literatur und Lesungen, Sprache und Rhythmus. Auch enthalten: der Text "Recherche", für den sie den Ingeborg-Bachmann-Preis erhielt.
Nora Gomringer mag zwar nicht dazu da sein, ihre Leser zu amüsieren, kann dieses aber mit Leichtigkeit tun.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Bewohner der Gönnerstraße 18!
Mein Name ist Nora Bossong, ich bin Schriftstellerin und arbeite an einem neuen Roman.
Gerne würde ich Sie zu den tragischen Vorfällen am 23.2. dieses Jahres befragen.
Ich erlaube mir, bei Ihnen zu klingeln und danke Ihnen schon im Voraus für Ihre Zeit.
N. B.
Die Recherche beginnt.
Monstrare (lat.): zeigen. Nora Gomringer zeigt große und kleine Monster, innere, unsichtbare Bestien und sehr sichtbare Wesen. Sie hat die Filmlegenden der 20er, 50er und 80er zwischen die Zeilen genommen und die Monstrositäten des Alltags vor Augen. In allem und jedem ein Monster? Wenn man es gezeigt bekommt bzw. wenn sie sich zeigen ... schon. Der Zyklus "Monster Poems" ist das Ergebnis des Suchens und Findens des Menschlichen, allzu Menschlichen: nie ganz beendet, an keiner Stelle, zu keiner Zeit - also immer - auf Anfang. Zum Schmunzeln sind Gomringers Monster übrigens auch: wenn sie von der Redaktion der GQ befragt werden, Norman Bates und Sylvia Plath zusammenziehen und Freddy Krüger herbeigezählt wird. Auch wie unheimlich es um Richard Gere steht, das de-monst-riert dieser Band.
Reimar Limmer hat sich Nora Gomringer angeschlossen auf der Suche nach dem Ding im Schrank und dem unter dem Bett ... und er hat keine Bilder zu Gedichten gestaltet, sondern Bilder aus Gedichten.
Sibirien, 1908. Ein Knall erschüttert den sibirischen Wald Tunguska. Zwei Jahrzehnte später plant Stalin eine jüdisch-sozialistische Autonomie an der Grenze zu China: Birobidschan. Was als stalinistisches Experiment der 1930er Jahre scheitert, wird in Tomer Dotan-Dreyfus' Debütroman zum Dreh- und Angelpunkt einer funkensprühenden Geschichte: Da sind Alex und Rachel, verliebt seit Kindertagen. Boris Klayn, Fischer und Ur-Birobidschaner. Gregory und Sascha, enge Freunde, einer hat Depressionen, der andere nimmt ihn mit auf einen Roadtrip gen Tunguska. Dmitrij, der Angst vor Wölfen hat. Das Leben in Birobidschan geht seinen Gang, die kleinen und großen Sorgen der Bewohner drehen sich fern allen Weltgeschehens - bis sich die Ereignisse überschlagen: Zwei fremde Männer und ein stummes Mädchen bringen die idyllische Gemeinschaft zum Bersten. In "Birobidschan" erzählt Tomer Dotan-Dreyfus die so unwahrscheinliche wie charmante Geschichte eines jüdisch-sozialistischen Schtetls in Sibirien und knüpft damit an die jiddische Erzähltradition und den magischen Realismus an. Ein gewitzter Debütroman, eigenwillig und voller Fabulierlust.
Als Memento Mori eines Morgens aus unruhigen Träumen erwacht, findet er heraus, dass er eine Romanfigur ist und die Superkraft hat, durch Bücher zu reisen. Er setzt sie gegen die gnadenlosen Autorinnen und Autoren der Weltliteratur ein, indem er versucht, ihre Figuren vor dem sicheren Tod zu bewahren: Romeo und Julia etwa will er vom Selbstmord abhalten, und Professor Moriarty stößt er selbst den Reichenbachfall hinunter, um Sherlock Holmes zu helfen. Doch dann erfährt Memento Mori, dass in seinem eigenen Roman jemand sterben soll, und er beschließt, alle Figuren zu retten. Aber sein Gegner ist der allmächtigste Antagonist aller Zeiten - der Autor selbst ...
"Der Kalender des Scheiterns" war ein voller Erfolg (!). Deswegen gibt es jetzt den Kalender des Scheiterns 2. Entstanden ist er während der ersten Hochphase von Corona als Gemeinschaftswerk von über 100 Autor*innen. Ergänzt werden die historischen Ereignisse diesmal durch persönliche Ereignisse. /Der Autor*innen-Anteil aus dem Verkauf dieses Kalenders geht komplett an Sea-Watch./ Zum Autor: Nico Semsrott macht als Demotivationstrainer im Europaparlament genau das, was er vorher auch schon gemacht hat: Er scheitert. Nur eben auf einer anderen Bühne. Auf YouTube berichtet er von seinem Politikerleben in der NICO SEMSROTT SHOW with Nico Semsrott.
Der Roman von Marc-Uwe Kling kommt jetzt als Graphic Novel in zwei Bänden. Willkommen in QualityLand, in einer nicht allzu fernen Zukunft: Alles läuft rund - Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. Trotzdem beschleicht den Maschinenverschrotter Peter Arbeitsloser immer mehr das Gefühl, dass mit seinem Leben etwas nicht stimmt. Wenn das System wirklich so perfekt ist, warum gibt es dann Drohnen, die an Flugangst leiden, oder Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung? Warum werden die Maschinen immer menschlicher, aber die Menschen immer maschineller?