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Spektrum D. Wissenschaft

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Stellen Sie sich vor, Sie wären im Elternhaus eines Schulfreunds aufgewachsen. Und umgekehrt lebte er bei Ihren Eltern. Nicht wegen besonderer Umstände, sondern weil es so üblich ist. Was befremdlich klingt, war vermutlich Alltag in Çatalhöyük. An diesem Ort in der heutigen Türkei befand sich vor mehr als 9000 Jahren die erste Stadt, die wir kennen. Forschende konnten nachweisen, dass Blutsverwandte dort wohl nicht zusammenwohnten. Nicht nur das erscheint aus heutiger Sicht außergewöhnlich an den frühesten Wohnbauten der Weltgeschichte. Wie Menschen sich erstmals ein Zuhause schufen und warum sie ein spezielles Familienmodell pflegten, berichten die Journalistinnen Annalee Newitz (ab S. 12) und Dagmar Schediwy (ab S. 24) in unserem Titelthema. Einen ebenso erstaunlichen Fundplatz haben Archäologen in China frei gelegt. In Sanxingdui fanden sich acht große Gruben. Eine jede randvoll mit Meisterwerken aus Gold, Bronze und Jade des 11. bis 12. Jahrhunderts v. Chr. Doch Fülle und Reichtum der Funde stellen Forscher vor ein Rätsel: Lange dachte man, dass es nur eine bronzezeitliche Urkultur in China gab, die lag jedoch anderswo. Und nun das! Was die Archäologenzunft über Sanxingdui weiß, lesen Sie ab S. 62. Zuletzt ein Hinweis in eigener Sache: Wir wollen wissen, ob Sie mit »Spektrum Geschichte« zufrieden sind, und laden Sie daher ein, an unserer Online-Befragung teilzunehmen: survey.lamapoll.de/SG_202202

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Das 21. Jahrhundert sei das Zeitalter der Städte, sagte der US-Politikwissenschaftler Benjamin Barber (1939- 2017). Denn sie würden rascher und direkter auf kommende Krisen, Katastrophen und den Klimawandel reagieren können als Staaten, die das 20. Jahrhundert prägten. Heute lebt laut UN auch mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Und die Zahl wächst. Für meine Kollegen und mich war das der Anlass, einmal nach den frühesten Metropolen zu suchen. Bekannte Kandidaten sind die mesopotamischen Stadtstaaten, etwa Uruk aus der Zeit um 3500 v. Chr., oder die Städte der Harappa-Kultur im Industal um zirka 2600 v. Chr. Aber die ersten stadtähnlichen Siedlungen entstanden noch früher. Dort, wo sich heute die Ukraine erstreckt, wuchs vor gut 6000 Jahren ein regelrechter Ballungsraum heran. Der Archäologe Johannes Müller von der Universität Kiel und sein Team graben in einer dieser frühen »Megasites«. Zusammen mit der Archäobotanikerin Wiebke Kirleis und dem Archäologen Robert Hofmann berichtet er in unserer Titelgeschichte über die Forschungen in Maidanetske. Im Delta des Jangtse legen chinesische Forscher ebenfalls eine frühe und außergewöhnliche Stadt frei: Liangzhu nahe Schanghai. Vor 5300 Jahren errichteten Menschen dort eine ummauerte Großsiedlung, die über zahlreiche Kanäle schiffbar war. Es ist ein Venedig der Steinzeit, das sich nur durch gigantische wasserbauliche Maßnahmen verwirklichen ließ. Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen Karin Schlott, Redaktion Spektrum der Wissenschaft.

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Im Trott des geordneten Alltags vergisst man leicht, wie überwältigend komplex die meisten Vorgänge auf der Welt sind. Bereits das Wetter der nächsten Tage ist so schwer vorhersehbar, dass die Menschen über Jahr¬hunderte versucht haben, mit Bauernregeln ein wenig Struktur im atmosphä¬rischen Chaos zu finden. Ganz zu schweigen von Abläufen über weitaus größere räumliche und zeitliche Skalen. Solche Veränderungen lassen sich nicht durch naive Beob¬achtungen der Jetztzeit ablesen, sondern werden nur durch detektivisches Sammeln und Auswerten verschiedenster, über Jahrhunderte bis Jahrmillio¬nen entstandener Spuren nachweisbar. Viele Vorgänge waren in der Fachwelt lange umstritten. Beispielsweise erlebte Alfred Wegener nicht mehr die Anerkennung seiner Anfang des 20. Jahrhunderts publizierten Theorie zur Kontinentaldrift. Heute lernen wir von der Plattentektonik schon in der Schule. Ebenso waren jahrzehntelange Messungen und Modellierungen nötig, bis sich die Feststellung etabliert hat, dass die Erde durch die seit der Industriali¬sierung zusätzlich ausgestoßenen Treibhausgase dramatisch wärmer wird. Die Erkenntnisse zum Klimawandel in einen erdgeschichtlichen Zusam¬menhang zu stellen und mit ausgefeilten Simulationen in die Zukunft zu extrapolieren, erfordert ungeheure gemeinsame Anstrengungen aller wissen¬schaftlicher Disziplinen. Geologische Befunde erlauben Rekonstruktionen der Klimabedingungen vergangener Zeitalter (S. 20), ökologische Bestands¬aufnahmen zeigen deren Auswirkungen (S. 6), und trickreiche mathematische Algorithmen (S. 28) schreiben zusammen mit sozioökonomischen Rahmen¬bedingungen mögliche Entwicklungen für den Rest des Jahrhunderts fort (S. 36). Wie überall in der Wissenschaft bleiben Unsicherheiten. Welche Fortschritte die Fachleute dabei machen, mit ihnen umzugehen, zeigt exem¬plarisch die Verbesserung der Wettervorhersage, die schon lang nicht mehr auf Bauernregeln angewiesen ist. Ein Ausblick auf das Wetter in einer Woche ist heute ähnlich zuverlässig wie ein Drei¬-Tage­Bericht aus den 1980er Jah¬ren - wiederum dank verbesserter Modelle. Allmählich dringen die Prognosen in Zeithorizonte vor, die früher als praktisch unmöglich galten (S. 42). Aber sogar in unserer engmaschig überwachten Welt treten unvorherseh¬bare Extremereignisse auf. Immerhin geben mehr und mehr Phänomene ihre Geheimnisse langsam preis. Sogar die besonders zerstörerischen und noto¬risch überraschenden Vulkanausbrüche könnten sich über subtile Signale ankündigen (S. 56). Dennoch werden wir eine gewisse Portion Chaos stets hinnehmen müssen. Und das ist gut so - schließlich beflügelt nichts die Wissenschaft so sehr wie das Unerwartete.

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