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Der gesunde Menschenversand

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Musik ist dieses Buch, inhaltlich, formal, sprachlich. Der Schlagzeuger Sämi tourt mit einer Band durch die USA, "die ganz wält taktet", wenn ihr Van über die Highways braust. Sämis Wahrnehmungs- und Gedankenloops takten, der Text taktet in seinen Episoden und Refrains, und es takten auch die Wörter in ihrer phonetischen Schreibung. In ironischem Kontrast zu unserem Lese- und Hörvergnügen erlebt Sämi Enttäuschung und Verdruss. Das ersehnte "On the road" wird ihm zur schalen Routine, "e trättmüli /es laufrad". Er setzt der voranstürmenden Tour Rückwärtsbewegungen entgegen, spult seine Reise und sein Leben zurück wie in seinen Videos und geht rückwärts, bis sogar die Band rückwärts spielt. Durch die sich dabei ergebenden Slapstick-Kapriolen gewinnt der Text über die präzisen Bilder der vorbeirauschenden Szenen hinaus auch filmische Qualität. Zugleich erweist sich Sämis rückspulende Rebellion als tragikomische Demontage des amerikanischen Traums.

Ab Fr. 22.95

Seit Jahren befasst sich Berta Thurnherr mit der Diepoldsauer Mundart, hat Geschichten gesammelt und aufgeschrieben und dem Klang dieser Sprache nachgespürt. Doch sie ist mehr als eine Bewahrerin des "Tippilzouar" Dialekts - sie ist eine Neuschöpferin. Mit "Rundumm Rii" erscheinen Thurnherrs Gedichte, Sprachspielereien, Geschichten und Verse in Buchform. Spielerisch setzt die Autorin Wort für Wort und Klang für Klang das "Tippilzouarische" zu neuem Sinn zusammen. Mit Wortschöpfungen und dem Einbinden von Fremdwörtern lotet sie die musikalischen Möglichkeiten dieser Sprache aus. Erzählt wird von Liebe und Trauer, von Lust und Last des Alltags, von der Schönheit der Natur und vom Leben am Alten Rhein. Und es ist die weibliche Sicht auf den Alltag, der empathische Blick auf Nichtprivilegierte und die direkte Art, Dinge beim Namen zu nennen, die den Texten ihre persönliche Note verleihen. Mit Poesie und Witz spürt Berta Thurnherr den scheinbar kleinen Dingen nach, die das Leben lebenswert machen.

Ab Fr. 21.25
Michael Fehr bringt einen neuen Ton in die zeitgenössische Literatur. "Simeliberg", seine zweite Buchveröffentlichung, ist zweierlei in einem: Klangkunstwerk und rätselhafte Kriminalgeschichte. Hinunter ins Loch, durch Matsch und Dreck, fährt Gemeindsverwalter Griese mit seinem Landrover. Die Repetierwaffe auf dem Rücksitz, erfüllt er widerwillig den Auftrag der kantonalen Sozialhilfebehörde, einen Bauern in die Stadt zu bringen. Dessen Frau ist verschwunden, in der Stadt will man der Angelegenheit auf den Grund gehen. Der verschrobene Bauer erzählt von irrlichternden Plänen, die Menschheit zum Mars und in eine helle Zukunft zu führen. Und nicht genug damit: An dem unwirtlichen Ort tragen sich mysteriöse Dinge zu. Junge Männer in schwarzen Uniformen versammeln sich und bedrohen schliesslich auch Griese, als er ihnen auf die Schliche kommt. Polizei, Nachforschungen, Drohungen - alles nimmt seinen Lauf. Die Figuren zeigen einen knorrigen, verstockten Menschenschlag. Die Welt in "Simeliberg" ist gezeichnet von Gegensätzen: da die scheinbare Normalität der Oberwelt, dort die dunklen Machenschaften im sumpfigen Loch. Droben die Menschen Weiss und Wyss, drunten der Bauer Schwarz. Dazwischen der Grenzgänger Griese, der je länger, desto stärker zwischen alle Fronten und in die Mühlen der Behörden gerät. Erzählung und Klang gehen eine ungewöhnliche Symbiose ein. Der Titel "Simeliberg" erinnert an das gleichnamige Grimmsche Märchen und an das melancholische Volkslied "Vreneli ab em Guggisberg". Michael Fehr evoziert eine Geschichte von existenzieller Wucht um Themen wie Ideologie und Verwirrung, Vereinsamung und Geborgenheit. Bis ins Feinste der Worte inszeniert Fehr ein poetisch musikalisches Gesamtwerk. Mit einem Auszug aus "Simeliberg" gewann Michael Fehr 2014 an den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt den Kelag-Preis sowie den Federwelt-Preis der Automatischen Literaturkritik 2014.
Ab Fr. 23.80