Chancen für die gewaltlose Vereinigung geteilter Nationen bestehen, wenn alle Beteiligten sie wollen: diejenigen, die von der Teilung bislang profitierten, ebenso wie alle von ihr Betroffenen, zumeist die Leidtragenden. Kurz gesagt, es muss zu einem Nutzenwandel der Teilung kommen. Nach 20 Jahren Entspannungs- und Ostpolitik gab es 1990 eine Situation, die ein vereintes, in Europa integriertes, Deutschland als besser für Frieden und Stabilität erscheinen ließ als dessen Teilung, welche ihren Nutzen verloren hatte.
Deutschlands Normalisierungsprozess stößt in China, auf Taiwan und Zypern sowie in Korea auf großes Interesse. Seine Relevanz wird jedoch unterschiedlich eingeschätzt: als ein in Teilen anzustrebendes Modell oder aber als Tragödie. Nordkorea möchte eine solche Entwicklung auf jeden Fall vermeiden, Taiwan strebt ein gutnachbarschaftliches Verhältnis zur Volksrepublik China an, aber keine Wiedervereinigung. Die Republik Zypern wünscht sich eine Vereinigung wie in Deutschland. Die Türkische Republik Nordzypern möchte durch Normalisierung Anerkennung erreichen und eine möglichst lockere Konföderation. Nach wie vor ist der Entspannungs- und Vereinigungsprozess Deutschlands in diesen Ländern ein genau studierter Untersuchungsgegenstand, allerdings mit sehr selektiver Wahrnehmung.
Zukünftige Entwicklungen zwischen der Volksrepublik China und Taiwan sowie auf der koreanischen Halbinsel werden auch direkte Auswirkungen auf Deutschland haben.
Dieses Buch ist ein Zeitzeugnis: Eine Geschichte Russlands vom Aufstieg zur europäischen Großmacht bis zum Untergang des sowjetischen Imperiums im Jahr 1991. Dietrich Geyer, einer der bedeutendsten deutschen Osteuropahistoriker hat in seiner letzten Tübinger Vorlesung die Geschichte Russlands von der Thronbesteigung der Romanovs 1613 bis zum Zerfall des Sowjetreiches betrachtet. Das Buch spricht von den Herrschern des Zarenreiches, von Adligen und Bauern, von Reichsbildung und Nationalitätenpolitik, von der Revolution und ihren Folgen. Geyers Darstellung ist der Versuch, die Grundzüge russischer Staatlichkeit und Mentalität sichtbar zu machen. Mit der ihm eigenen Sprachgewalt, dem Kenntnisschatz aus fünf Jahrzehnten Russlandforschung und großer Souveränität führt Geyer den Leser durch vier Jahrhunderte russischer als europäischer Geschichte.